Analytische Psychotherapie/Psychoanalyse
Ebenso wie bei allen alltäglich erscheinenden psychischen Vorgängen (z. B. dem Vergessen, Verlegen oder der sprichwörtlich gewordenen Freud´schen Fehlleistung/„Versprecher“) sind bei psychischen Erkrankungen unbewusste Prozesse maßgeblich.
Jeder Mensch entwickelt seine ureigenste, unverwechselbare Persönlichkeit auf der Grundlage biologischer Reifungsschritte und sozialer Erfahrungen (zuvorderst in der Familie) im Rahmen von bestimmten, in der Gesellschaft geltenden Regeln (Kultur). Von Geburt an ist aber auch eine Störanfälligkeit dieser Entwicklungsschritte oder Phasen gegeben, die aus unterschiedlichen Gründen ausgeprägter oder weniger ausgeprägt sein kann. Im ungünstigen Falle kommt es dann zu Entwicklungsstörungen, die als seelische Konflikte in der Psyche wirksam werden. „Lösungen“ dieser Konflikte können sich im späteren Leben als psychische Erkrankungen bemerkbar machen. Ängste, depressive Erkrankungen oder auch Zwangserkrankungen (um nur einige zu nennen) zeigen dann an, dass es Störungen gegeben haben könnte. Bei anhaltenden Beschwerden besteht die Möglichkeit, dass die betreffende Person einem inneren Konflikt verhaftet geblieben ist, den sie selbst nicht angemessen lösen konnte oder kann, weil sein Inhalt heute dem bewussten Zugang versperrt erscheint.
Die Ursachen solcher Konflikte sind im Einzelfall ausgesprochen individuell ausgestaltet, kreisen inhaltlich jedoch häufig um Themenkreise wie einen Mangel an Aufmerksamkeit für grundlegende Bedürfnisse, fehlende oder zu wenig Anerkennung, hohe Leistungsansprüche oder auch Unsicherheit in Beziehungen.
Psychoanalyse oder Analytische Psychotherapie kann Zugänge und neue Lösungsmöglichkeiten für solche Konflikte und Erkrankungen aufzeigen. Sie bedient sich dabei bestimmter Techniken und eines spezifischen Settings. Die Behandlung findet in zwei bis drei Sitzungen pro Woche statt, wobei der Patient i. d. R. auf einer Couch liegt und seinen Gedanken, Gefühlen und Einfällen freien Lauf lässt. Aufgabe des Analytikers ist es, dabei auf alles zu achten, was geschieht, zurückhaltend mit allen Sinnen aufmerksam zu sein, zuzuhören, abzuwarten, welche Zusammenhänge auftauchen, die dem Patienten bisher vielleicht entgangen sind, und ihm diese interpretierend oder deutend zur Verfügung zu stellen.
Im Laufe der Zeit schälen sich oft bestimmte Themen heraus, deren überragende Bedeutung für den Patienten sich in vielfältigen Formen immer deutlicher zeigen kann. Diese gilt es durchzuarbeiten, d. h. von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten, um sie möglichst in ihrer umfassenden unbewussten Dimension erfassen zu können. Dabei ist es oft überraschend, wie sich diese zentralen Themen auch innerhalb der psychotherapeutischen Beziehung zwischen Patient und Analytiker/Psychotherapeut als Wiederholungsmuster zeigen. Geschieht dies, kann es dann ein Entwicklungspotential enthalten, wenn man gewissermaßen vor Ort die Möglichkeit hat, zu untersuchen, was beide dazu beigetragen haben, welche Phantasien, Hoffnungen, Wünsche oder auch Ängste damit verbunden sind. Dadurch können sich langsam die unbewussten Motive für die zentralen Konflikte herausarbeiten und besser verstehen lassen. Das bessere Verständnis und der bewusste Zugang zu zuvor unbewussten Konflikten ermöglicht es oftmals, neue Lösungen zu finden. Solche Einsichten können die ursprünglichen Symptome abmildern oder überflüssig machen.